Entwicklung eines artgerechten Fütterungsprotokolls zur Aufzucht von Fischlarven des Zanders (Sander lucioperca) mit lebenden Nährtieren
Gemeinsam mit der Universität Rostock und dem Institut für Fischerei der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA MV) arbeitet die Aquacopa GmbH seit einigen Jahren an der Verbesserung der Aufzucht von Fischlarven des Zanders (Sander lucioperca) unter Anwendung von lebendem Zoo- und Phytoplankton. Am Standort Hohen Wangelin, nur ca. 20 km vom Standort der Aquacopa entfernt, befindet sich die Experimentalanlage des Instituts. Hier werden nicht nur die beeindruckenden Elterntiere, große Zander mit bis zu 5 kg Gewicht, gehalten, sondern auch deren Laich gewonnen und Fischlarven erbrütet. Um die Elterntiere zum Ablaichen zu stimulieren werden sie in klimatisierten Kühlkammern gehalten: dort wird, nach einem exakt abgestimmten Protokoll, den Fischen ein vollständiger Jahresablauf simuliert. Die Fische, die in der freien Natur eigentlich nur von April bis Juni laichen, können dadurch auch zu anderen Zeitpunkten Rogen (die Eier) und Milch (der Samen) produzieren. Das ist wichtig, um die Nachzucht und Produktion des Zanders als Speisefisch auch wirtschaftlich betreiben zu können. Die Wissenschaftler können auf diese Art und Weise bis zu 4-mal im Jahr Laich und damit Fischlarven produzieren. Das Verfahren wird als „artifizielle außersaisonale Vermehrung“ bezeichnet. Unter optimalen Bedingungen können so 30 bis 40 Millionen Eier im Jahr gewonnen werden. Bei einem durchschnittlichen Schlupferfolg werden daraus 10 bis 12 Mio. lebensfähige Larven und bis zu 500 Tonnen Speisefische mit einem Gewicht von ca. 1 kg. Der Fokus der Wissenschaftler liegt jedoch auf der Satzfischproduktion und nicht auf der Fischmast. Damit ist diese Fischzucht-Anlage aber noch klein: inzwischen werden moderne Aquakultur-Kreislaufanlagen geplant und gebaut, die einige tausend Tonnen Fisch im Jahr produzieren können/sollen.
Leider sind die Verluste bei der Aufzucht der Fischlarven vom Ei bis zum Setzling (10-15 g) beim Zander noch erheblich: i.d.R. erreichen nur wenige Prozent der Fischlarven dieses Gewicht und damit die Vermarktungsfähigkeit. Eine Herausforderung in der Aufzucht besteht darin, die Fischlarven in den ersten Tagen nach dem Schlupf mit naturnaher Nahrung zu versorgen. Ein größeres Problem besteht aber in dem stark ausgeprägten kannibalistischem Verhalten der Fischlarven in den ersten drei Monaten nach dem Schlupf. Um die Verluste durch Kannibalismus zu reduzieren müssen die Larven regelmäßig sortiert werden, was einen großen Arbeitsaufwand darstellt und bei den Larven Stress verursacht. Es sollen zukünftig auch Arbeitshypothesen überprüft werden, nach denen alternatives Futter sowohl den Stress als auch den Kannibalismus reduzieren kann.
Zusammen mit der Universität Rostock und der der LFA MV wurden in den letzten Jahren Experimente zur Fütterung der Fischlarven mit Zoo- und Phytoplankton von Aquacopa durchgeführt. Wir konnten zeigen, dass sowohl der Copepode Apocyclops panamensis als auch marine Rädertierchen der Gattung Brachionus eine alternative Nahrungsquelle zur kommerziellen Fütterung mit frisch geschlüpften oder angereicherten Artemien für die ersten Wochen nach Schlupf darstellen. Die Anfütterung der Larven konnte inzwischen so optimiert werden, dass in den ersten drei Wochen nach Schlupf bereits herausragende Überlebensraten von bis zu 80 % realisiert werden konnten. Die Vorteile von natürlicher, lebender Nahrung für die Fischlarven sind zahlreich. Zum einen regt die Bewegung des Zooplanktons das Jagd- und Fressverhalten der Fischlarven an, zum anderen nehmen die Larven über das Lebendfutter nicht nur essentielle Nährstoffe, sondern auch wichtige Enzyme und Probiotika, also wichtige Bakterien, auf. Fischlarven müssen, wenn sie mit der Aufnahme von Nahrung beginnen, ihren Magen-Darmtrakt ausbilden und „aktivieren“, dafür ist lebende Nahrung wichtig, da über sie der Darm „angeimpft“ wird. Zudem ist lebende Nahrung, vor allem Rädertierchen, im Gegensatz zu kommerziellem Trockenfuttermittel, flexibel und kann so auch durch etwas schmalere Maulspalten bzw. Darmpassagen der Fischlarven rutschen. So kann eine Fischlarve des Zanders, die nur 4 - 5,5 mm groß ist und einen Maulspalt von 100 bis 150 µm hat, auch ein Rädertierchen von 200 µm Größe verschlucken.
oben links: der Copepode Apocyclops
oben rechts: Apocyclops im Magen einer Fischlarve; gut zu erkennen ist das Nauplius-Auge
unten links: Brachionus plicatilis
unten rechts: Brachionus im Magen einer Fischlarve
Aber Moment mal? Das Rädertierchen der Gattung Brachionus und auch die Copepoden benötigen doch Brack- oder Salzwasser zum leben und der Zander ist doch ein Süßwasserfisch! Das stimmt, aber das ist eher von Vor- als von Nachteil. Der einzige Nachteil besteht darin, dass die Rädertierchen und Copepoden im Süßwasser nur einige Minuten überleben. Da die Fischlarven aber sehr gefräßig sind ist das kein großes Problem. Der große Vorteil besteht jedoch darin, dass wir durch den Übergang von Salz- zu Süßwasser eine natürliche Barriere gegen Krankheitserreger (Pathogene), wie zum Beispiel Bakterien oder Wimperntierchen (Ciliaten), schaffen. Schädliche Bakterien, die sich im Salzwasser wohlfühlen, sterben i.d.R. im Süßwasser ab oder werden zumindest stark im Wachstum gehemmt und müssen sich anpassen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Fischlarven des Zanders leicht salziges Wasser sogar präferieren. Auch in der freien Natur findet man im Brackwasser , z.B. in den Boddengewässern der Ostsee, Zander und die Larven tolerieren auch Salzgehalte bis zu 1 %. Der Eintrag von Salzwasser mit dem Zooplankton ist also ein weiterer Vorteil der Anwendung, um das Immunsystem der Fischlarven anzukurbeln.
Insgesamt sind die gewonnen Erkenntnisse vielversprechend und zeigen, dass mit dem Plankton von Aquacopa die Aufzucht von Fischlarven des Zanders verbessert werden kann und zugleich eine (fast) artgerechte Aufzucht in den ersten Tagen gewährleistet ist. Aquacopa leistet durch die kontrollierte und qualitativ hochwertige Produktion von Zoo- und Phytoplankton einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Aquakultur.
Haben wir ihr Interesse geweckt? Wir sind immer auf der Suche nach neuen Anwendungen für unsere Planktonprodukte! Nehmen sie gerne Kontakt zu uns auf.
info@aquacopa.de
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