Rädertierchen können eine wertvolle Nahrungsquelle für zahlreiche Fischlarven in den ersten Tagen nach Schlupf sein. Sie sind mit ca. 100-210 µm (S-Typ) und 130-340 µm (L-Typ) deutlich kleiner als Artemia Nauplien, und somit für Fischlarven mit kleiner Maulspalte eine geeignete Erstnahrung.
Neben der Größe ist natürlich auch der Nährwert von Rädertierchen entscheidend. Rädertierchen haben einen sehr schnellen Stoffwechsel, und scheiden gefressene Nahrung meist bereits nach wenigen Stunden wieder aus. Sie fressen aber auch sehr schnell, was sie zu guten „Paketen“ für hochwertige Nahrung macht. Man kann Rotiferen sehr gut mit Mikroalgen oder speziell auf die Bedürfnisse von Fischlarven abgestimmte Emulsionen anreichern, und so z.B. Omega-3-Fettsäuren, probiotische Bakterien und Enzyme in die Fischlarven bringen.
Rädertierchen bewegen sich, im Gegensatz zu Copepoden, langsam und gleichmäßig. Die Fischlarven werden dadurch zwar weniger zum Fressen animiert („Jagdreiz“) aber die Wahrscheinlichkeit, dass Fischlarven die Beute auch erwischen ist bei Rädertierchen i.d.R. höher als bei Copepoden.
Da sich Rädertierchen, unter guten Umweltbedingungen, asexuell fortpflanzen, kann man sie rasch vermehren und sie sind relativ einfach zu kultivieren und sind robust gegenüber Schwankungen der Wasserqualität.
Morphologie:
Rädertierchen gehören zu den kleinsten Filtrierern innerhalb der Gruppe Metazoa. Sie bestehen aus immer aus einer fixen Zahl von 1000 Körperzellen. Sie filtrieren Nahrungspartikel mit dem sogenannten Räderorgan (Corona) das am Kopf sitzt. Durch den stetigen Wimpernschlag der auf der Corona sitzenden Wimpernfelder fressen sie nicht nur sondern bewegen sich auch durch das Wasser. Sie besitzen außerdem noch einen Rumpf und einen Fuß. Der Rumpf ist versteift und verleiht dem ganzen Körper Stabilität, hier befindet sich der Magen samt Verdauungsapparat. Mit dem Fuß können sich Rotiferen zeitweise an Substrat heften.
Abbildung:
Brachionus plicatilis gibt es in zwei verschiedenen Morphotypen: dem S-Typ und dem L-Typ. Der S-Typ ist kleiner und für Fischlarven geeignet, deren Maulspalt kleiner als 100 Mikrometer ist, so wie Goldbrasse, Zackenbarsch und Kaninchenfisch.
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Lebenszyklus:
Unter Standardbedingungen bei 25 °C leben Rädertierchen ca. 7 Tage. Die Larven sind bei dieser Temperatur nach bereits nach 1-2 ausgewachsen und beginnen dann, Eier zu bilden. Weibchen bilden bis zu 20 Eier aus und können bis zu 7 Eier gleichzeitig tragen. Für die Geschwindigkeit der Entwicklung ist die Temperatur der wichtigste Faktor.
Wie man der Tabelle entnehmen kann, ist die Produktivität bei höheren Temperaturen größer. Allerdings sind auch alle anderen biologischen Prozesse beschleunigt, so dass eine Kultur auch schneller kollabiert, z.B. durch Sauerstoffmangel, Bakterienblüten oder Nitrit-Spitzen. Bei niedrigen Temperaturen entwickeln sich die Tiere langsamer, dafür sind die Kulturen i.d.R. stabiler.
Brachionus kann zwischen asexueller (Parthenogenese) und sexueller Fortpflanzung wechseln. Für die Aquakultur sind nur Rädertierchen aus der asexuellen Reproduktion von Interesse, da Männchen, die dabei keine Rolle spielen, keinen funktionalen Verdauungsapparat haben und als Futter für Fischlarven wertlos sind. Solange die Lebensbedingungen für die Rotiferen gut sind entwickelt sich die Kultur parthenogenetisch. Zu einer sexuellen Reproduktion, bei der aus haploiden Eiern Männchen entstehen, kommt es nur, wenn sich die Umweltbedingungen rapide ändern (=verschlechtern). Diese Strategie des sogenannten Genrationswechsels findet sich in der Natur bei vielen Arten und dient dazu, sich bei guten Lebensbedingungen rasch vermehren und ausbreiten zu können, und bei schlechten Lebensbedingungen durch die Rekombination der Gene neue Varianten und Dauerstadien (z.B. Dauereier wie bei Artemia und Wasserflöhen) zu erzeugen, die dann ggf. geeigneter (=besser angepasst, „fitter“) für die geänderten Lebensbedingungen sind.
Massen-Kultivierung:
Möglichkeiten der Massenkultivierung von Brachionus in und für die Aquakultur sind wissenschaftlich gut untersucht. In einigen Studien konnten, unter Laborbedingungen mit sehr ausgereiften Technologien, extrem hohe Dichten von bis zu 20 Mio. Rädertierchen pro Milliliter (!) erzeugt werden (das entspricht 20 Mrd. Rotiferen pro Liter). Für die Praxis sind diese Zahlen jedoch unrealistisch und darüber hinaus auch nicht erstrebenswert, da so eine Kultur sehr instabil ist. Der geübte Anwender kann/sollte in der eigenen Kultur Dichten von bis zu 500 Tierchen pro Milliliter erreichen können. In der professionellen Aquakultur werden auch Dichten von bis zu 5000 Ind/ml beschrieben: diese hohen Zahlen werden aber i.d.R. nur durch bestimmte, gut untersuchte Protokolle erreicht, und sind nur notwendig, wenn über ein kurzes Zeitfenster ein sehr hoher Futterbedarf herrscht. Hier bei Aquacopa fahren wir eine geringe Dichte in unseren Systemen und konzentrieren die Rädertierchen auf, wenn wir das Lebendfutter frisch für Kunden abpacken.
Neben bereits beschriebenen, kritischen Faktoren, wie der Temperatur sind zahlreiche andere Faktoren und Parameter zu beachten, um eine Kultur über einen längeren Zeitraum produktiv zu (er)halten. Als Futter geeignet ist eine Mischung aus hochwertiger Hefe (Saccharomyces) und Mikroalgen. Zusätzlich kann so ein Futter noch mit Probiotischen Bakterien, wie Lactobacillus, und Vitaminen angereichert werden (wie bei unserem eigenen Trockenfutter für Copepoden und marine Rädertierchen). Rädertierchen können Partikelgrößen bis ca. 30 Mikrometer aufnehmen, dies ist bei der Applikation von Futter zu beachten. Rädertierchen können, wie zuvor beschrieben, sehr hohe Dichten (=viel Biomasse) bilden. Zudem kann sich in warmem Wasser weniger Sauerstoff lösen als in kaltem Wasser: so kann es, bei erhöhten Temperaturen und schnellem Wachstum von Brachionus (und Bakterien!) schnell zu einer starken Sauerstoffzehrung kommen.
Quelle:
mit eigenen Ergänzungen!
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