Fettsäureprofil von 12 Mikroalgen und die mögliche Anwendung und Nutzen in der Aquakultur
Wer hat publiziert?
Vishwanath Patil und 4 weitere Autoren der Universitäten in Ås (Pflanzen- und Umweltwissenschaften sowie Lebensmittelwissenschaften) und Oslo (Wasserforschung).
Wann und wo wurde veröffentlicht?
Die wissenschaftliche Arbeit wurde 2006 in der Fachzeitschrift „Aquaculture Int“ veröffentlicht.
Was ist das Thema der Publikation?
Es wurden 12 verschiedene Mikroalgen aus der Algensammlung des Norwegischen Instituts für Wasserforschung (NIVA) ausgewählt und in 1,8 Liter großen Photobioreaktoren unter definierten Bedingungen kultiviert. Ziel war die Bestimmung der Wachstumsraten sowie die Analyse der Fettsäureprofile und, basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen, eine Einschätzung der Eignung für den Einsatz der Mikroalgen in Futtermitteln für die Aquakultur.
Hintergrund & Einführung
Im Spektrum der Fettsäuren spielen die mehrfach ungesättigten Fettsäuren (englisch: „PUFAs“ – polyunsaturated Fatty Acids) eine wichtige Rolle. Die wichtigsten Omege-3-Fettsäuren sind dabei die Eicosapentaensäure (EPA) sowie die Docosahexaensäure (DHA) sowie die Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure (AA). Im Humanmedizinischen Bereich sind zahlreiche positive Wirkungen dieser Fettsäuren auf die menschliche Entwicklung aber auch die Anwendung bei bestimmten Krankheiten beschrieben. Diese Erkenntnisse bilden sich auch in Ernährungsempfehlungen, z.B. für Meerwasserfisch, der reich an DHA und EPA ist, ab. Die steigende Nachfrage nach Fisch aus Aquakultur, die mit jährlich ca. 9 % der am stärksten wachsende Bereich innerhalb der Nahrungsmittelproduktion ist, führt durch die Intensivierung der Produktion und eine stärkere Kontrolle über die eingesetzten Futtermittel zu einer steigenden Nachfrage nach Alternativen und hochwertigen Futtermittelzusätzen. Zudem stellen die Futtermittel den größten Kostenfaktor bei der Produktion in kontrollierten Aquakulturen dar.
Die Preise für Fischmehl steigen seit 30 Jahren kontinuierlich an und die natürlichen Fischbestände in den Weltmeeren sind häufig überfischt und stellen eine wertvolle, jedoch schrumpfende Ressource dar. Ein weiteres Problem besteht in der schwankenden Qualität des Fischmehls und -öls: zum einen reichern Fische über die Nahrungskette Schadstoffe an, zum anderen ist die Zusammensetzung des Fischöls schwankend und schwer zu kontrollieren.
Die Fettsäuren in Fischen stammen aus der natürlichen Nahrungskette in den Meeren, angefangen bei den Mikroalgen, die die Lipide bilden, die dann über das Zooplankton zum Fisch gelangen. Die Qualität der Fettsäuren in den Algen gilt dabei als besonders gut, da die Algen einerseits reich an antioxidativen Stoffen wie Carotinoiden und Vitaminen sind, andererseits sind die Lipide in „Kapseln“ eingeschlossen und dadurch gut geschützt (englisch: „Bioencapsulation“). Aus den genannten Gründen gelten Mikroalgen als exzellente Alternative zu stark prozessierten Futtermittel aus Fischen (Fischmehl und Fischöl).
Zusammenfassung
Die untersuchten Arten stammen alle aus Algensammlungen in Norwegen und gehören zu den Familien der
- Cyanophyceae: Chroococcus sp., Synechococcus sp.
- Prymnesiophyceae: Isochrysis galbana, Pavlova sp.
- Bacillariophyceae: Phaedactylum tricornutum
- Rhodophyceae: Porphyridium cruentum
- Cryptophyceae: Rhodomonas baltica, Oocystis sp.
- Chlorophyceae: Pseudokirchneriella subcapitata, Tetraselmis suecica
- Xantophyceae: Tribonema sp.
- Eustigmatophyceae: Nannochloropsis oceanica
Die Algen wurden alle unter den gleichen Bedingungen in einem 1,8 L Photobioreaktor kultiviert. Die Beleuchtung erfolgte als Dauerlicht mit 11 W Fluoreszenzlampen. Die Druckluft wurde mit CO2 angereichert: die Kontrolle der Dosierung erfolgte durch eine pH-Elektrode und einen pH-Grenzwert von 7,5 für die Süßwasseralgen und 8,0 für die marinen Arten. Die Temperatur lag bei 20°C +/- 2°C und als Medium bzw. Dünger wurde Z8-Medium (halbe Stärke) verwendet. Das Salzwasser für die marinen Mikroalgen war aufbereitetes, natürliches Meerwasser das auf eine Salinität von 25 g/L eingestellt wurde.
Die Wachstumsraten bzw. Zelldichten wurden mit einem Zellzählgerät und mit einem Fotometer gemessen. Die Produktivität, also der Zuwachs an Biomasse pro Zeit, wurde dann aus den Messwerten und über einen Zeitraum von mindestens 6 Tagen berechnet. Für die Bestimmung der Fettsäuren wurden Proben der Algen zentrifugiert und bei -80 °C eingefroren.
Die höchsten Wachstumsraten zeigte mit 1,13 g pro Tag Pseudokirchneriellea subcapitata (eine Süßwasseralge). Mit 0,92 und 0,89 g/Tag zeigten auch Tribonema und Nannochloropsis gute Wachstumsraten. Porphyridium cruentum (Purpur-Rotalge) zeigte mit nur 0,14 g pro Tag die schlechteste Wachstumsrate der untersuchten Mikroalgen. Die beiden Cyanobakterien Chroococcus und Synechococcus wuchsen unter den gewählten Bedingungen so schlecht, dass für diese Arten keine Wachstumsraten bestimmt werden konnten.
Neben der Produktivität (Biomasse-Zuwachs pro Tag) wurde auch das Fettsäureprofil der Algen untersucht. Der höchste Lipidgehalt wurde mit 28,1 mg/g einfach ungesättigten Fettsäuren (MUFAs: mono unsaturated Fatty Acids) und 37,2 mg/g mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFAs: polyunsaturated Fatty Acids) in Phaedactylum tricornutum gefunden. Es folgte Isochrysis mit einem Gehalt von 17 mg/g (MUFAs) und 39,9 mg/g (PUFAs) und P. subcapitata mit 33,8 mg/g (MUFAs) und 21,7 mg/g (PUFAs). Die niedrigste Lipid-Konzentration wurde mit 5,3 mg/g (MUFAs) und 3,5 mg/g (PUFAs) in Tribonema gefunden.
Erwartungsgemäß wurden die höchsten Konzentrationen an PUFAs in den marinen Mikroalgen Isochrysis, Pavlova, Phaeodactylum, Rhodomonas und Nannochloropsis gefunden (zwischen 33,7 und 39,9 mg/g). Docosahexaensäure (DHA; C22:6) wurde lediglich in Isochrysis (15,8 mg/g) und Pavlova (13,2 mg/L) nachgewiesen. Eicosapentaensäure (EPA; C20:5) konnte in fast allen Arten nachgewiesen werden mit den höchsten gehalten in Phaeodactylum (28,4 mg/g), Nannochloropsis (23,4 mg/g) sowie Pavlova (18 mg/g). Die Konzentration an Arachidonsäure (AA; C20:4) waren in allen Arten gering: die höchste Konzentration wurde in Porphyridium cruentum und Nannochloropsis gefunden (6 mg/g bzw. 3,7 mg/g).
Fazit
Mikroalgen werden in der Aquakultur zur Aufzucht und Produktion von Muscheln, Krebstieren, Fischlarven bzw. Fischfutter und als Nahrung für Zooplankton (Rädertierchen, Salinenkrebse, Copepoden) eingesetzt. Die marinen Mikroalgen sind dabei die Hauptquelle für Omega-3-Fettsäuren wie EPA und DHA während Mikroalgen aus dem Süßwasser hauptsächlich gesättigte und einfach ungesättigte Fettsäuren bilden. Die Zusammensetzung der Mikroalgen, bzw. die Lipidkonzentration sowie das Fettsäure-Spektrum, ist für die mögliche Anwendung in der Aquakultur von entscheidender Bedeutung. Darüber hinaus müssen jedoch auch die Menge und Zusammensetzung der Proteine und Kohlenhydrate berücksichtigt werden.
Patil, V., Källqvist, T., Olsen, E. et al. Aquacult Int (2007) 15: 1. https://doi.org/10.1007/s10499-006-9060-3
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