Bestimmung der Lebendnahrung Präferenzen mariner Fischlarven unter Verwendung von fluoreszierenden Mikropartikeln
Wer hat publiziert?
Isaac S. Lee sowie vier weitere Autoren von der Universität Florida.
Wann und wo wurde veröffentlicht?
Die wissenschaftliche Arbeit wurde 2018 in der Fachzeitschrift „Aquaculture“ veröffentlicht.
Was ist das Thema der Publikation?
Die Wissenschaftler haben die Nahrungspräferenz von Fischlarven vier verschiedener Arten untersucht. Dazu haben sie drei verschiedene Zooplankter (Wimpertierchen, Rädertierchen und Copepoden) mit verschieden farbigen, fluoreszierenden Mikropartikeln angereichert um diese, nachdem sie von den Fischlarven aufgenommen wurden, über eine Fluoreszenzmessung in Magen der Fische nachweisen zu können.
Hintergrund & Einführung
Die Versorgung mariner Fischlarven in den ersten Tagen und Wochen nach Schlupf mit geeigneter Lebendnahrung ist ein Flaschenhals für die erfolgreiche Nachzucht zahlreicher Fischarten in der Aquakultur. Meist werden zur Fütterung der Larven Rädertierchen und Nauplien des Salinenkrebs (Artemia sp.) verwendet. Weitere, anspruchsvollere Fischarten mit häufig sehr kleinen Fischlarven, können inzwischen durch Verwendung von Copepoden nach gezüchtet werden. Ein besseres Verständnis davon, was Fischlarven in der natürlichen Umwelt fressen erhält man durch Analysen des Mageninhalts. Verschiedene Publikationen zeigen, dass die Nahrung der Fischlarven sehr vielfältig ist, und Protozoen (tierische Einzeller) dabei eine vermutlich unterschätzte Rolle im Verhältnis zu Metazoen (tierische Vielzeller wie Rädertierchen und Copepoden) spielen.
Zusammenfassung
Die Wissenschaftler boten den Fischlarven drei verschiedene Futterarten an: ein Wimpertierchen (Ciliata) der Gattung Euplotes, Rädertierchen (Rotifera) der Gattung Brachionus sowie Nauplien des Copepoden Parvocalanus crassirostris. Die untersuchten Fischarten waren der Riff-Falterfisch (Chaetodon sedentarius), der Paletten Doktorfisch (Paracanthurus hepatus), das Seba Flossenblatt (Monodactylus sebae) und die Goldmakrele (Gnathanodon speciosus).
Die Kultivierung der Rädertierchen gilt als relativ einfach und ist auch mit einfachen Futtermitteln, wie Hefe oder Algenkonzentraten möglich. Zwei große Nachteile bei Rädertierchen sind, dass diese zum einen für einige Fischlarven mit 100 bis 200 Mikrometer (µm) bereits zu groß sind, und zum anderen meist mit essentiellen Omega-3-Fettsäuren angereichert werden müssen. Copepoden Nauplien gelten allgemein als die beste Erstnahrung für nahezu alle marinen Fischlarven: das liegt an der geringen Größe der Nauplien (< 100 µm) sowie dem sehr guten Fettsäureprofil. Allerdings ist die stabile Massenkultivierung von Copepoden der Art Parvocalanus aufwendig und setzt auch die Verfügbarkeit bestimmter Mikroalgen voraus. Der Ciliat Euplotes ist häufig in Kulturen von Rädertierchen und Copepoden zu finden und kann sich auch bei schlechter Wasserqualität noch vermehren. Dieses Wimperntierchen ernährt sich überwiegend von Bakterien, und Hefe und kann, ähnlich wie Rädertierchen, sehr hohe Dichten von bis zu 15.000 Tiere pro mL erreichen (das entspricht 15 Mio. Ciliaten pro Liter!). Bisher gibt es jedoch keine Protokolle für eine reine Massenkultivierung von Wimperntierchen.
Um die Nahrung nun zu markieren wurde winzige Kugeln aus Polystyrol mit einem Durchmesser von 0,01 bis 30 µm verwendet. Diese winzigen Partikel werden bereits seit längeren in wissenschaftlichen Experimenten eingesetzt um beispielsweise die Filtrationsleistung von Zooplankton oder die Verteilung und Anreicherung von Mikroplastik in der Nahrungskette zu untersuchen. Interessant ist, das Copepoden, im Gegensatz zu unspezifischen Filtrieren, wie Wasserflöhen und Rädertierchen, die Nahrungspartikel gezielt auswählen können, und sogar in der Lage sind, Mikropartikel, die mit unterschiedlichen Algen beschichtet waren, zu unterscheiden.
Für das Experiment wurden 1 Mikrometer große Polystyrol Kugeln mit unterschiedlichen Farben markiert. Gelb-grün
(Anregung bei 505 nm/Abstrahlung bei 515 nm) für die Ciliaten, blau (Anregung bei 365 nm/Abstrahlung bei 415 nm) für die Rädertierchen und rot (Anregung bei 580 nm/Abstrahlung bei 605 nm) für die Copepoden-Nauplien
(siehe Abbildung).
Das Plankton wurde dann in einer Lösung mit den jeweiligen Mikropartikeln inkubiert, so dass die Tiere die Partikel aufnahmen. Damit auch die Copepoden die Nahrungspartikel aufnahmen wurden diese zusammen der Mikroalge Isochrysis verfüttert. Anschließend konnten das markierte Plankton an die Fischlarven verfüttert werden. Nach einer Fütterungszeit von vier bis sechs Stunden wurden dann von jeder Fischart 20 Larven entnommen, artgerecht getötet und mikroskopisch untersucht Nun konnten die Fischlarven, besser gesagt, die Fluoreszenz der aufgenommenen Lebendnahrung bzw. der darin enthaltenen Nahrungspartikel, untersucht und ausgezählt werden.
Überraschenderweise waren die Nahrungspräferenzen der Fische sehr artspezifisch. Larven des Paletten-Doktorfisches präferierten Rädertierchen vor Ciliaten und Ciliaten vor Copepoden. Die Larven des Seba-Flossenblatts präferierten Ciliaten und Copepoden gegenüber Rädertierchen. Beim Riff-Falterfisch ergab sich wieder ein anderes Bild: hier wurden Ciliaten vor Rädertierchen und Rädertierchen vor Copepoden-Nauplien präferiert. Die Larven der Goldmakrele wiederum fraßen am liebsten Nauplien des Copepoden Parvocalanus, dann Ciliaten und erst dann Rädertierchen.
Fazit
Die Wissenschaftler nutzten erstmals die in anderen wissenschaftlichen Bereichen etablierte Methode der fluoreszenz-markierten Mikropartikel, um Aufnahme und Präferenz von Lebendnahrung bei Fischlarven zu untersuchen. Dabei zeigte sich, dass die Nahrungspräferenzen der vier untersuchten Arten sehr unterschiedlich sind. Ähnliche Erkenntnisse gibt es bereits bei anderen Fischarten aus der Aquakultur, wie dem Steinbutt, dem Zackenbarsch, dem Golf-Menhaden und dem Kabeljau: auch bei diesen Fischarten sind die Nahrungspräferenzen sehr unterschiedlich. Die Arbeit zeigt zudem, dass Ciliaten eine zu Unrecht wenig untersuchte Gruppe von Plankton sind und, vor allem auf Grund ihrer geringen Größe und der guten Verdaubarkeit, eine wichtige Rolle als Alternative zu anderen lebenden Zooplankton darstellen können. Während die Verdauung von Rädertierchen und Copepoden in den Fischlarven bis zu fünf Stunden dauern kann werden die weichschaligen Ciliaten in etwa zwei Stunden verdaut. Zudem konnten durch die Anwendung von Ciliaten die Überlebensraten von Fischlarven gesteigert werden. Die Nauplien des Copepoden Parvocalanus haben zwar von aller Lebendnahrung den besten Nährwert, sind aber, auf Grund ihrer schnellen Zick-Zack Schwimmbewegungen, schwieriger durch die Fischlarven zu erbeuten.
Abschließend weisen die Autoren noch auf die Schwächen der angewandten Methodik hin: dabei spielen vor allem die unterschiedlichen Verdauungszeiten und die Ausscheidung oder Anreicherung der Mikropartikel in den Fischen eine Rolle. Auch vermuten die Wissenschaftler, dass die Methodik durch An- oder Abwesenheit von Mikroalgen oder Hefe, also anderen Nahrungspartikeln, beeinflusst wird.
Quelle:
Isaac S. Lee, Cortney L. Ohs, Jason S. Broach, Matthew A. DiMaggio, Craig
A. Watson, Determining live prey preferences of larval ornamental marine fish utilizing fluorescent microspheres, Aquaculture, Volume 490, 2018, Pages
125-135, ISSN 0044-8486, https://doi.org/10.1016/j.aquaculture.2018.01.035.
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